28.11.2017
Deutschland sucht die Super-Ratte
Von unserem Lokalreporter
LÖFFINGEN. Ausgerechnet in der letzten Löffinger Gemeinderatssitzung vor Weihnachten ist es zu einer offenen Konfrontation zwischen Bürgermeister, Stadtbaumeister und den Gemeinderäten gekommen.
Das ansonsten für seine besonnenen und im Konsens getroffenen Entscheidungen bekannte Gremium legte eine Debattenkultur an den Tag, wie es sie seit Menschengedenken nicht mehr gab.
Anlass dazu war die Teilnahme der Stadt bei der RTL-Fernseh-Show „Deutschland sucht die Super-Ratte“.
Bürgermeister Tobias Link informierte die Gemeinderäte zu Beginn der Sitzung darüber, dass die Stadtverwaltung vom Fernsehsender RTL angeschrieben wurde mit der Bitte, einen Vertreter der Stadt als Teilnehmer bei der besagten Fernseh-Show zu entsenden. Offensichtlich sei man bei RTL über das Internet auf die diesbezügliche Fachkompetenz der Stadtverwaltung aufmerksam geworden.
Die Fernseh-Show „Deutschland sucht die Super-Ratte wird am 10.Dezember in den RTL-Studios in Köln aufgezeichnet und an Heiligabend deutschlandweit auf allen RTL-Kanälen ausgestrahlt. Sieger wird derjenige, der die aussergewöhnlichste Ratte präsentieren kann. Die Entscheidung wird von einer Jury aus Biologen, Psychologen und Hygiene-Experten getroffen. Der Sieger erhält eine Ehrenmedaillie und einen Geschenkkorb. Ausserdem winkt ein Eintrag ins Guinessbuch der Rekorde, falls die Ratte entsprechende Grösse und Gewicht aufweist.
Link bezeichnete die Einladung als grossen Glücksfall für die Stadt, da man mit Tigerdressuren oder dem städtischen Nahwärmeprojekt im gleichen, intellektuell gesehen untersten Marktsegment wie RTL präsent ist. Er gehe davon aus, dass nach dieser Fernseh-Show der eine oder andere von den Millionen Zuschauern den Weg nach Löffingen als Tagesgast oder Neubürger finden werde, was der Stadt zusätzliche Einnahmen verschaffe.
Die Ratte rücke zunehmend in den Blickpunkt der Öffentlichkeit, so Link weiter, und genau so wie bei der Nahwärme gelte es, rechtzeitig auf den fahrenden Zug aufzuspringen, um nicht allein am Bahnhof zurück zu bleiben. Es gehe darum, aus dieser win-win- Situation die Synergieeffekte mit zu nehmen.
So weit waren sich Verwaltung und Gemeinderat noch einig. Daraufhin empfahl der Bürgermeister dem Gemeinderat, Stadtbaumeister Thomas Rosenstiel als Vertreter der Stadt nach Köln zu schicken. Rosenstiel mit seinem kongenialer Partner Schrödinger auf der Schulter würden als Teilnehmer der Herzen mit Sicherheit den Sieg für die Löffelstadt holen.
Das sah Gemeinderat Bächle völlig anders. Er sprach sich vehement für Alt-Bürgermeister Norbert Brugger als Vertreter der Stadt bei „Deutschland sucht die Super-Ratte“ aus. Der anwesende Brugger zeigte sich gegenüber einer Teilnahme nicht abgeneigt. Sieger in einer RTL-Show zu sein wäre die logische und konsequente Ergänzung seiner Sammlung, in der sich bereits Ehrenbürgerwürde, Kreistagsmandat und Staufermedaillie befinden würden.
Allerdings werde er nur mit einer gescheiten Ratte an der Veranstaltung teilnehmen. Schrödinger sei dafür „zu mickrig“, so Brugger. Die Konkurrenz in anderen Städten schlafe nicht, und er sei es nicht gewohnt, als zweiter Sieger vom Platz zu gehen. Brugger apellierte an alle Löffinger Stadtarbeiter, wachsam zu sein und die Augen auf zu machen und ihm sofort Bescheid zu geben, falls einer noch rechtzeitig einen echten Kaventsmann an Land zieht.
Mit dieser Stellungnahme rief Brugger Stadtbaumeister Rosenstiel auf den Plan. Zunächst dankte Rosenstiel Bürgermeister Link für die warmen Worte. Es sei aber nur recht und billig, wenn seine Verdienste um Aufzucht und Hege der deutschen Ratte endlich einmal honoriert würden. Es habe ihn verdammt nochmal eine Menge Zeit und Arbeit gekostet, Schrödinger so weit zu dressieren, dass er auf seiner Schulter Platz nimmt. (Wir berichteten darüber)
Deshalb sei seine Teilnahme bei „Deutschland sucht die Super-Ratte“ alternativlos. Schrödinger verfüge bereits über Fernseherfahrung, und er wolle jetzt auch endlich mal einen grossen Auftritt haben. An Brugger gewandt sagte Rosenstiel, dass Schrödinger sowieso niemals auf dessen Schulter Platz nehmen würde. Dafür sei er viel zu anständig.
Damit fiel der Ofen um im Feuerwehrgerätehaus und es waren nicht druckreife Zwischenrufe zu vernehmen.
Um Handgreiflichkeiten zu vermeiden machte Bürgermeister Link einen Vorschlag zur Güte. Eigentlich stehe ihm als Hauptverantwortlichem der Stadtverwaltung Löffingen das Recht zu, die Stadt bei Fernsehsendungen zu repräsentieren. Er sei aber bereit, Verantwortung an den Stadtbaumeister zu delegieren, falls sich der Gemeinderat dazu durchringen könnte, im Rahmen eines Adhäsionsverfahren sozusagen eine Adhäsionsbewerbung zur RTL-Show „Adam sucht Eva“ einzureichen.
Bildquelle : Adam sucht Eva – gestrandet im Paradies © RTL
Als Korntaler Bruder sei er bestens mit biblischen Sachen vertraut. Zudem sei er im Paradies Löffingen gestrandet und verfüge damit über alle erforderlichen Qualifikationen. Er werde bei „Adam sucht Eva“ teilnehmen und Rosenstiel bei „Deutschland sucht die Super-Ratte“. Link ermahnte die Gemeinderäte, bei der Abstimmung im anschliessenden nichtöffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung eine Entscheidung mit Augenmaß im Sinne der Stadtverwaltung zu treffen.
Stadtbaumeister Rosenstiel gab den Gemeinderäten noch den guten Rat mit auf den Weg, über ein höheres Spesengeld für den städtischen Teilnehmer nachzudenken. Es sei schlichtweg unmöglich, mit 10.000 € ein menschenwürdiges Wochenende in Köln zu verbringen. Im Gegenzug sei er bereit, im Sommer 2018 ein städtisches Tomatenfest für alle Gemeinderäte auszurichten.
In allerletzter Sekunde kam noch der Kompromissvorschlag auf den Tisch, man könnte Gemeinderat Honorarprofessor Bernd Max Behnke M.A. die Vollmacht zu erteilen, die Stadt Löffingen sowohl bei „Deutschland sucht die Super-Ratte“ als auch bei „Adam sucht Eva“ zu vertreten. Auf diesen Vorschlag hätten sich alle Versammelten sofort geeinigt, aber Behnke erklärte mit tränenerstickter Stimme, es sei zwar immer sein höchstes Glück, im Fernsehen zu kommen, jedoch habe die Bundesregierung ein Konjunkturprogramm für Strafverteidiger aufgelegt, dass ihn derzeit beruflich unabkömmlich mache.
In der nichtöffentlichen Abstimmung wurde einstimmig ohne Gegenstimme beschlossen :
Stadtbaumeister Rosenstiel zusammen mit der Ratte Schrödinger vertritt die Stadt Löffingen bei „Deutschland sucht die Super-Ratte“. Er erhält 50.000 € Spesengeld.
Über den Antrag zu einem Adhäsionsverfahren bzw. einer Adhäsionsbewerbung zu „Adam sucht Eva“ wird zu einem anderen Zeitpunkt entschieden, da der Antrag nicht konkret genug formuliert ist.
Der Gemeinderat genehmigt ein öffentliches Public-Viewing am Maienländer Tor.
An Heiligabend wird „Deutschland sucht die Super-Ratte“ live ab 20:00 Uhr und in voller Länge zu sehen sein.
Am 1. und 2. Weihnachtsfeiertag gibt es jeweils eine Wiederholung
An allen drei Tagen gibt es gratis für die Besucher heissen Tomatensaft aus dem städtischen Gewächshaus und Haschisch-Kekse von lokalen Anbietern
Aus Gründen der Pietät untersagt der Gemeinderat Werbung an den Feiertagen.
Während der zahlreichen, leider bei RTL üblichen Werbepausen wird die Grossbildleinwand ausgeschaltet
Der Kirchenchor hat bereits zugesagt, während dieser Unterbrechungen Weihnachtslieder zu Gehör zu bringen …